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Familyaffairs

copyright Rottweil ist überall

Vielleicht ist auch dies irgendwie coronabedingt – dass ich so sehr mit Familiärem befasst bin.  Immerhin lenkt es mich effektiv ab von diesem heillosen Drama um steigende Inzidenzen und Änderungen von Infektionsschutzgesetzen, um diverse Lockdowns und teils schrägen Protest dagegen und um Impfstoffe, die nicht zu haben oder nicht risikolos oder wirkungslos oder wasweißich sind. Ich spiele ein bisschen Vogel Strauss und stecke den Kopf in den Treibsand der familyaffairs. Obwohl es das davor selbstverständlich auch schon gab - familyaffairs. Trotzdem sehe ich mittlerweile fast alles nur noch durch die Coronabrille, als zwängte sie mir ihren Fokus auf, ob ich will oder nicht. Alles lodert auf unter diesem Brennglas, das Kleine wie das Große, das Nahe wie das Ferne.

Das Thema ´offene Türen´ ist nach wie vor präsent. Es ist jemand hereingekommen, mit dem wir uns schwer tun, und es stellt sich die Frage, wie offen die Türe sein soll, und wie wir sie, so es denn notwendig erschiene, wieder schließen ohne sämtliche Ideale des Anstands und der Nächstenliebe zu verraten. So wie ich keinen Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen will, will ich auch niemanden  fortschicken, der keine Bleibe hat. Verträglich benehmen sollte er sich freilich schon. Das Eigene will auch geschützt sein.

Früher war das ganz einfach. Im Grunde, fällt mir jetzt erst auf, waren hauptsächlich wir Kinder es, die Leute mit ins Haus brachten - Freunde, oder vor irgendwas Flüchtende, die dann häufig zu Freunden wurden. Danach kamen die Freunde der Freunde, und es geschah alles im Fluß und von ganz allein. Unsere Mutter kochte und wusch und bezog die Betten, und spätestens nach ein paar Tagen war der Besuch wieder weg, und alle kehrten zurück in eigene Strukturen. Das Familienleben war nie aus den Angeln gehoben, jedenfalls nie durch diese offene Türe.

Das scheint jetzt anders. Da ist jemand, angeheiratet und wieder geschieden, lange her, so eine Ex-Verbindung, die trotz Ex eben auch Verbindung bleibt, für die sich keine Struktur und keine Wege findet. Die sich auch an keine hält. Da wird’s dann eng. Da fängt´s dann an zu bröseln. Die Kernfamilie findet nicht mehr zusammen wie zuvor. Auch da war es schließlich nicht ganz einfach. Ein bisschen mehr Aufrichtigkeit würde die Dinge leichter machen. Wenn jeder weiß, woran er ist, dann lässt sich auch über Wege reden. Aber wenn das Eigentliche im Verborgenen bleibt, und jeder Weg so verbogen wird, dass Ziele und die Gespräche darüber und die Absprachen daraus sinnlos und müßig waren - wohin soll das dann führen? Und muss ich das hinnehmen und geschehen lassen? Die Familie ist nicht mehr dieselbe wie früher. Heute geht’s nichts mehr einfach und wie im Fluß. Wir Kinder sind groß und gehen eigene Wege, und wir ringen um das rechte Maß an Verantwortung, die heuer wir für die Eltern übernehmen. Denen merkt man ihr Alter an, und die kleinen Fallen der vergangenen Jahrzehnte sind Abgründe geworden. Ich will nicht zu nahe treten, will nicht übergriffig sein, und ich will nicht schutzlos preisgeben, was mir lieb und teuer ist. Und ich will nicht grollen. Das geht viel zu sehr auf die Nerven.

Krisen kommen und gehen. Ehen kommen und gehen. Familie bleibt. Familie ist niemals ´ex´. Und ich finde gut, dass es so ist. In Beziehungsfragen ist nichts traumatisierender als Verbindungen, die nicht mehr passen. Es hat mal gepasst, das tut es nicht mehr, also geht man auseinander. Das geht, wo die Verbindungen stark waren, selten ohne Krach, aber der legt sich auch wieder. Zumindest in den allermeisten Fällen ist das so. Wenn sich  alle Beteiligten an die gemeinsamen guten Zeiten und das, was man im andern mochte, erinnern können, ist alles in Butter. Und am Ende ist´s keine Frage der Schuld, sondern eine Frage der jeweiligen Lebensgestaltung. Wir haben dieses Leben nicht um uns zu plagen. Behaupte ich einfach. Ich weiß, dass manche das anders sehen, das Leben als Prüfung fürs Jenseits und so.  Wer weiß das schon. Wenn ich etwas ins Jenseits mitnehmen kann, dann bitte ein gutes Gefühl. Zusammenbleiben um jeden Preis bringt eine Spannung und Unaufrichtigkeit mit sich, die alles entwertet.  Und es fühlt sich ungut an.

Derlei ist durchaus Thema in der Familie, in unterschiedlichen Belangen und Konstellationen. Ich bin froh, dass wir in einem Land leben, in dem das so sein kann. In dem Ehen sich trennen und Leben neu aufgestellt werden können.

Patriarchalische Gesellschaften tun sich da schwer. Und ich würde behaupten, auch unsere ist in ihrer Grundhaltung und dem Selbstverständnis vieler Männer nach wie vor patriarchal. In konservativen und rechten Denkmustern herrscht nach wie vor die Meinung vor, dass es schlimm sei, wenn Ehen sich trennen. Ich halte es für einen Segen. Sich einander ausgeliefert sein auf Gedeih und Verderb ist ein Alptraum, wenn´s an den Verderb geht. Und für den hat jeder ein eigenes Empfinden. Und das ist auch gut so. Die Männer, die die moralische Überlegenheit der Ehe am Höchsten halten, sind mitunter dieselben, die Gedeih oder Verderb für ihre Frauen mitentscheiden wollen und für gut verkaufen, was mies ist.

Die Möglichkeit zu Scheidungen führt durchaus nicht zu einem leichtfertigen Umgang damit. Die meisten Trennungen sind weit besser überlegt und vorbereitet als die geschlossenen Verbindungen. Und in den allermeisten Fällen ist das Danach besser als das Davor.

Ein Recht auf Scheidung und ein darauf aufbauendes Netz ist die Möglichkeit zu Selbstbestimmung und Gleichberechtigung, und das empfinde ich als europäisch. Amerika ist anders, der Norden wie der Süden, Afrika und Asien, der Orient, Down under zu weit weg. Gemeinsinn, Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit, Gleichberechtigung, all das, das hat man sich in Europa auf die Flagge geschrieben. Man hat gesehen, wohin das Gegenteil führt, nochmal und nochmal und nochmal, und immer schlimmer und ärger und böser. Hierzulande musste man schließlich über sich selbst erschrecken, und alle verstanden „nie wieder!“. Europa hat sich vorgenommen, es besser zu machen. Da macht kein Nationalismus Sinn und keine Diskriminierung. Gar keinen Sinn. Der Gedanke dieser europäischen Vereinigung ist grandios. Die beste Ehe ever. Umso erstaunlicher finde ich, dass man bei einer so großen Verbindung keine Möglichkeit der Scheidung bedacht hat. Geht´s noch? War man so besoffen vor Liebesglück oder einfach nur geltungssüchtig und den einfachsten Weg wählend? Wie konnte das geschehen?

England, ins Private, Kleine übertragen, wäre vielleicht in etwa der schrullige Einzelgänger, mit dem zu verkehren nicht zuletzt eine Frage ist von Tageslaune -und form. Der ist wie er ist, und es ist ganz egal, was einer hält davon. Mit den osteuropäischen Ländern, die irgendwie an einer anderen Nummer zu sein scheinen, als hätten die eine ganz eigene Ehe, eine für sich, mit denen muss man. Und wer weiß – da lohnt vermutlich auch noch eine Auseinandersetzung. Kann ja noch werden. Solange man aufrichtig am Ziel bleibt -. Mit der Türkei bin ich persönlich durch. Das war schon anders. Ich mag ja eigentlich offene Türen und fand dieses Beitrittsgerede nicht unsympathisch. Im Moment, finde ich, ist es überflüssig. Ich würde gerne mal hin, das Land erleben, die Frauen, und vermutlich gibt´s auch dort Männer, die okay sind. Aber mit denen, die den Ton angeben, ist rein gar nichts anzufangen. Das geht gar nicht.

Ich weiß es nicht. Ich bin keine Politikerin, aber mir will scheinen, dass auch diese europäische Ehe derzeit wenigstens in einer Krise steckt. Ziemlich viel ziemlich verquer. In dem verzweifelten Versuch, all diese Krisen zu managen und Dinge irgendwie zusammen zu führen und zu halten, die nicht passen wollen, wird mehr und mehr verbogen; es wird unaufrichtig und schließlich unglaubwürdig.

Beispiel ´die offenen Türen´ – wir brauchen in der Familie ein Verständnis davon, und im Großen braucht man´s auch. Man kann nicht Menschen im Meer und an Außengrenzen einfach verrecken lassen. Nicht, wenn man sich im Spiegel noch ertragen können und in seinen Zielen glaubwürdig bleiben will.

Beispiel nachhaltige Landwirtschaft. Die Verteilung der Agrarsubventionen bewirkt das genaue Gegenteil.

Spätestens wenn keiner mehr dran glaubt, ist´s vorbei. Ich habe Zweifel und Befürchtungen, aber ich WILL daran glauben. Und damit bin ich nicht allein. Ich weiß mich in zahlreicher und bester Gesellschaft. Das ist immerhin ein Trost.

Macht sei so, zwangsläufig - früher oder später - immer.  Berufspolitiker argumentieren so, sobald ihnen die eigenen Windungen vorgehalten werden. Vielleicht stimmt´s. Vielleicht zwingt Macht wirklich und unentrinnbar zu all diesen mitunter faulen Kompromissen und Zugeständnissen bis zum Unterfangen, das Krumme gerade biegen zu wollen, oder andersrum. Aber zunehmend sieht man, wie Kompromisse Mauscheleien werden und Windungen Verrat, und wie Netzwerke sich selbst dienen, nicht dem gemeinsamen Ziel. Macht ist so? Echt? Ein Argument mehr für mehr Frauen und häufigeren Wechsel in den Posten!

Jetzt bin ich aber rumgekommen. Wo war ich nochmal? Das Große wie das Kleine. Die Ehen und die Krisen und die Trennungen und die offenen Türen und die Nachhaltigkeit und die Exens. Irgendwie muss es alles gehen. Wie soll ich´s denn nun halten mit der offenen Türe? Ich weiß es immer noch nicht.

Im Zweifel gilt immer „aufrichtig!“ Mir wird bisweilen Härte vorgeworfen, und Auseinandersetzungen wurden schon gescheut. Das verstehe ich nicht. Ich bin nicht hart. Ich beobachte und hake nach, ich überlege, bilde mir eine Meinung, nehme eine Haltung ein und  vertrete diese offensiv und argumentativ. Dabei nehme ich dann kein Blatt vor den Mund. Das ist alles. Ich finde es blöd, faul und feige, Auseinandersetzungen, die anstehen, lange aufzuschieben. Freilich muss die Situation es zulassen, aber darüber hinaus - wozu warten? Was soll besser werden, wenn man ihnen aus dem Weg geht? Das verschiebt das Problem nur und führt die Dinge ad absurdum. Aber erzwingen kann ich´s auch nicht. Wer lieber rumeiert, muss rumeiern.

So sei es. Ich zwinge der Situation, solange nicht nacktes Leiden ausbricht, nicht meinen Willen auf. Ginge ja auch gar nicht, nicht nachhaltig und gut jedenfalls. Ich nehme hin, was nicht in meiner Hand ist, weigere mich, mit rumzueiern und sage allen, was ich davon halte. Sollen sie damit tun, was sie wollen. Und die Tür, die ist offen. Wenn  sich der, der eintritt, aber unverträglich benimmt, dann benenne ich das auch so. „Ertrage ich nicht.“ Dazu braucht es mich nicht.

Ganz einfach eigentlich.

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