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Hinter dem Fenster

Gefühlsbäder sind auch gebadet
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Nordschwarzwald. Regen am Fenster, das Prasseln der Tropfen auf dem Dach, leises Vogelgezwitscher. Ansonsten Stille. Und das ist gut so. Es ist der erste Mai, der Tag der Arbeit, und ich war die Woche so müde, dass ich mich jeweils gleich nach dem Aufstehen aufs Bett-gehen freute. Heute ist der Tag dafür. Wenigstens. Eigentlich wäre es der Tag nach überschwänglichem Tanz. Den gab´s heuer nicht. Es ist noch lange hell, aber wenn man die Vorhänge zuzieht, stört das nicht.

Die Hochs und Tiefs im Gemüt kommen unerwartet und in raschem Wechsel wie das Wetter im April. Eine Schicksalsergebenheit macht sich breit in mir, von der ich nicht weiß, ob ich sie gut finden soll. So manche Ungerechtigkeit und in unserem Coronadasein manche Regel, die ich für uneffektiven Quatsch halte, regen mich ungeheuer auf. Diese Allesdichtmachen-Aktion war wohl ziemlich missglückt, dennoch halte ich auch so manche Maßnahme  für nicht ganz dicht. Ich nehme dennoch hin und kooperiere. Weitestgehend halt. Da geschieht etwas, das größer ist als das bisher Gewesene, und ich begegne dem mit einigermaßen Respekt. Zum Teufel wünschen tu ich´s trotzdem. Ich würde gerne mal wieder schöne Pläne schmieden, von Reisen und rauschenden Festen, von Badefreuden und mit dem ganzen Kreis der Freundinnen durchzechten Nächten. Was Schule ist, was Ferien wäre klar, und ´Daheim´ wäre wieder der Ort, an den wir spät abends fröhlich zurückkehren, nachdem wir uns den Tag tosend um die Ohren gehauen haben. Hach, wäre das schön.

Stattdessen scheint mir im zweiten, oder dritten, oder – den wievielten haben wir eigentlich? -   Lockdown derselbe zu entgleiten, dem es schon im ersten so übel die Füße unterm Hintern weggezogen hat. Und „es werden Kinder abgehängt werden durch die Schulschließungen“ ist nicht mehr nur eine ferne Drohung, sondern  real vorstellbar. Der Bereich des Möglichen ist voller Scheußlichkeiten.  So haben wir nicht gewettet. Eine Kollegin sagt mir, es werden mehr Leute noteingeliefert, junge, gutsituierte, denen es den Stecker zieht. Ich kenne eine, die seit einem Jahr mit der Schule fertig ist und seither nichts macht als die Bude zumüllen. Und ich kenne einen, der das Studium im dritten Semester geschmissen hat. Seine Uni hat er nicht einen Tag von innen gesehen. Den Alten versaut der Lockdown den Lebensabend, den Jungen den Einstieg.

Die eine oder andere Situation klärt sich. Offenbar gibt es Momente, die sich nur lösen lassen, in dem einer bereit ist, den Bösen zu spielen. Manche sind das gerne. Kann ich nicht nachvollziehen. Ich finds blöd.

Ich bemühe mich um einen Impftermin. Ein Elend. Auf stundenlanges Telefonieren oder Seiten-aufrufen hab ich überhaupt keinen Nerv. So bescheuert. Dasselbe hätte ich im Januar ganz bequem haben können. Aber da hatte ich optimistisch gehofft auf eine entspannte Frühjahrs- und Sommerzeit, und bis im Herbst wäre auch mein favorisierter Impfstoff verfügbar. Nix mRNA - ein ganz ´normaler´ Totimpfstoff; da weiß der Körper schon, was er tun muss. Ich würde meinem Körper ohne mit der Wimper zu zucken auftragen, er soll bitte den Tumor, den er da evtl am zusammenbasteln ist, wegmachen. Dem Immunsystem will ich ungern sagen, es soll was angreifen, was es selbst produziert hat. ´Weiß nicht. Finde ich heikel. Aber jetzt dies Worst-case-szenario.  Selbst die Kleinste in unserem Bunde legt´s mir ans Herz – „mach!“, und sie will selbst auch, lieber heute als morgen, wofür sie noch lange nicht das Alter hat. Seit eine Nachbarin gestorben ist, die sie gern hatte, ist sie da sorgenvoll. Solche Um-Leben-und-Tod-Fragen,  „Impfen oder nicht“.  Jessas. Ich weiß nicht.  Ich rufe an und clicke zwei Mal und lass es dann wieder. Wenn´s von Anfang an stresst, dann stresse ich nicht auch noch. Das ist voll rumgeeiert, das weiß ich wohl. Aber was soll´s. Es ist noch lange nicht das blödeste Rumgeeiere dieser Tage.

Bei der Onlinediskussion über Gewalt gegen Frauen war ich bass erstaunt gewesen, wie da die Emotionen hochkochen, wie schnell es aggressiv wird. Von Frauen gegen Frauen. Mit der Solidarität ist das so ne Sache. Die erfordert viel Toleranz. Dabei lässt sich mit Freundinnen an der Seite und in der Fankurve der Öffentlichkeit so gut wie alles meistern. „Krasser Scheiß“ würde meine Freundin sagen. Yep. Das ist es. Da muss ich nochmal drüber nachdenken.

Ich stelle fest, ob Frau ob Mann ob alt ob jung - wer nicht Anteil nimmt und reinsieht, kann sich das Klugscheißen sparen.

Irgendwelche Ärsche haben die Schindelbrücke im Neckartal abgefackelt. Das tut mir im Herzen weh.  Wir mochten sie gerne. Solche Brücken sind ein Erlebnis; man geht nicht über sie, man geht in sie hinein, sie sind ein Raum für sich mit einer ganz eigenen Stimmung. Mit jedem Schritt öffnet sich ein neues Fenster und wird der Blick in eine andere Nische des Tals gelenkt. Was ist man für ein Barbar, das nicht zu empfinden?  Es gibt zu viele Ärsche in der Welt.

Das Bundesverfassungsgericht hat Deutschland dazu verdonnert, mehr für den Klimaschutz zu tun. Das immerhin ist großartig. Ein Tropfen Trost, ein Schimmer Hoffnung.

Ich bin trotzdem durch für heute. Ich lass den Vorhang zu und ziehe die Decke hoch. Am Ende ist alles gut, und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende. An irgendwas muss man sich ja halten.

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