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"Immer wenn´s am schönsten ist"

Ein Fasnetsrückblick
copyright Rottweil ist überall

„Immer wenn´s am schönsten ist, ist es vorbei“, heult das Mädel und findet unfair, wie kurz diese Tage doch sind im Vergleich zu den langen, zähen Schulwochen. Fasnet ist schon auch Kinderparadies – alle verkleiden sich, Lehrer werden ihres Amtes enthoben - was oben ist, ist unten und was unten oben, zumindest scheint es so - , im Kleidle sind alle inkognito, und ohne braucht man nur die Hand auszustrecken und es regnet Süßigkeiten. Heaven, was kann man mehr wollen.

Ich versteh sie und bin doch selbst ganz zufrieden, dass sie vorbeigeht, die Fasnet. Schön war´s und anstrengend. Lange hielte ich das gar nicht aus. Dabei war es eine Fasnet ohne Stress; ich war so gut vorbereitet wie nie. Ich hatte zeitig angefangen, fachfraulichen Rat und fand es im Übrigen auch angenehmer, mich mit Narrenbuch und dem Richten der Kleidle zu befassen, als mit täglichen Katastrophenmeldungen. Schon krass eigentlich, wie viel Raum diese 5. Jahreszeit einnimmt.  Fasnetsbälle habe ich keinen einzigen besucht; „wenn deine Kinder groß sind“, tröstete eine Freundin. Mal schau´n. Sie sollen sich beeilen, sonst bin ich zu alt dazu. Bliebe noch das jährliche Konzert der Stadtkapelle. Da war ich, nachdem ein Schmotzigenfreund dafür Werbung gemacht hatte, dieses Jahr das erste Mal. Uns gegenüber saß ein älteres Ehepaar das schwärmte „so toll war´s noch nie!“. Die Begeisterung brach ihnen aus allen Poren, und meine Freundin und ich, wir fanden´s auch klasse, ein sehr lustiges, musikalisch gekonntes, abwechslungsreiches, fantasievolles, rottweilspezifisches Fasnetsspektakel. Ich hatte eine Karte übrig und meinen Vater eingeladen. Der war ganz im Glück und rockte zwischen Tisch und Wand.

Der Schmotzige kam und mit ihm der abgesehen vom Beginn der großen Ferien liebste Schultag der Schüler*innen, da machen meine, obwohl noch zu klein für die große Sause in der Stadt, keine Ausnahme. Die große Sause sah gut aus dieses Jahr, kein Scherbenmeer, kein exzessives Komasaufen, stattdessen Musik, Tanz und ausgelassene Party. Und natürlich lustige Kostüme. Das witzigste habe ich allerdings am Fasnetssamstag im Schwarzen Lamm gesehen: Zauberstab, Feenflügel und ein Schemel auf dem Kopf, der kein Schemel, sondern Tisch sein wollte – der Name des Kostüms „Feetisch“.

Wir waren am Schmotzigen als „Hitparade“ mit Dieter Thomas Heck unterwegs und hatten von stürmischem Applaus und frenetischen „Zugabe-“Rufen bis hin zum Spielen vor vollkommen reglosem Publikum alles dabei. „Man ist sich gar nicht sicher, ob sie echt sind“, hab ich zu meiner Freundin gesagt. War schon ein bisschen spooky. Später war sowieso der Stecker gezogen – ihr versagte die Stimme. Ins Spital kamen wir so nicht, was ich schade fand. Ich hätte dem frischgebackenen OB schon gerne unter die Nase gerieben, wie schoofel ich finde, dass der Klimamanager schon kurz nach der Wahl nicht mehr wie im Wahlkampf großmundig angekündigt „direkt unterm OB angesiedelt“  sein sollte. „Es wird koi ´weiter so´ gäba, war versprocha. Es einzig „Neue“ bis jetzt sen allerdings Tempo und Leichtigkeit, mit dene Vorhabe über Bord gworfa werded. Dr Klimamanager hot solla direkt unterm OB ahgsiedelt sei. No hot der im Gemeinderat gfrogt, wie mers do gern hett, und die alte Herra hen gmoint, des breicht es it – des duads im Fachbereich 5, mit Isoliera on Zeig ka no ebber ebbes verdiena, drieber naus bassiert nix, on damit war´s gschwätzt.“ Und zu „Aber bitte mit Sahne“ : „Der Klimaschutz hot solla Chefsache sei; Mhmhmh oh yeah; doch so stoht dr Ruf für seine Ziele net ei; Mhmhmh oh yeah; die CDU, dia isch dagega, da muass der Ruf it lang überlega. Was goht mih mei Gschwätz von geschdern scho an? Schorle a mih na - Aber bitte mit Sahne“. Und so schön gesungen hat der Ludo Nirgends das. Schade. Aber sei´s drum - man wird vielleicht noch Gelegenheit haben, darauf zurückzukommen. Ich bin jedenfalls nicht die Einzige, die das krumm nimmt.

Wenigstens kam ich durch den frühen „Feierabend“ in den Genuß, selbst noch ein paar Gruppen zu sehen. „Plombazieher“ mit Omikron, Delta und Co fand ich mega, voll schräg. Und dann wurde die Nacht wieder lang mit Oberflächlichkeiten und Tiefgang, Leichtsinn und Tragödie.

Wie okay alles doch ist. Wie schön es sein kann, selbst in diesem Endzeit- und Katastrophenszenario. Man schämt sich fast. „Nobel geht die Welt zugrunde“. Mancher Spontispruch stimmt halt.

Ich habe den getroffen, mit dem ich am Schmotzigen auch schon rumgezogen bin, den ich nicht oft, aber auch sonst manchmal treffe, und der gerade zurück war aus Afrika, mit Daniel, dem 5-jährigen Jungen mit Tumor, welcher auf die Atemwege drückt. Wenn er nicht operiert wird, wird er ersticken. Man sammelt jetzt. Aber was, wenn die Spenden nicht reichen. So eine Behandlung übersteigt schnell jeden vorgestellten Bereich.

Ein anderer stand noch dabei, und es ging um die sich irgendwie doch als Realitätssinn verbrämte Abgebrühtheit „man kann nicht alle retten“. Ich fühl mich mies dabei. Es gibt Millionen schwerkranker Kinder. Das stimmt. Aber da gibt es „diesen magischen Moment“, sagte der, der ihn erlebt hat, „da kannst du nicht unbedingt vor dem Einen stehen, dich umdrehen, gehen und es seinem Schicksal überlassen“. Das glaube ich gerne. Wiederum ist auch nicht zwangsläufig dem Schuld zu geben, der geht. Vielleicht ist Bleiben eine Aufgabe, wie man sie nur ein einziges Mal im Leben stemmt. „Wer nur einen Menschen rettet, rettet die Welt.“ Ein Ausspruch aus dem Talmud, den ich gut finde.

Anderntags hörte ich im Radio von Fasnachtsverbänden auch in Baden Württemberg den Ruf nach staatlichen Hilfen für Veranstaltungen. Security sei so teuer und auch die Bonbons. Und das kommt mir dann bescheuert vor, und ich denk mir, wenn wir uns die Fasnet nicht mehr leisten können, dann feiern wir sie so, wie wir sie uns leisten können oder wir lassen´s bleiben. So gesehen bin ich ziemlich neues, aber nichtsdestotrotz überzeugtes Mitglied der Narrenzunft. Ich will mich an den Kosten gerne beteiligen. Über diese Zustimmung hinaus tue ich mich mitunter schwer mit den Vorstellungen dieser Zunft von „Tradition“. In diesen ganzen Tagen war immer wieder Thema „Narrenkarten“: wer hat weshalb wie viele woher. Mich hatte das vorab gar nicht so gejuckt – als da bereits Mitglied, das sich halt in die Schlange reihte. Wie das für Nicht-Mitglied funktionieren sollte, konnte ich unaufgeregt abwarten. Hätte ja auch gehen können. Tat es aber nicht. Ich habe viele empörte Stimmen gehört, und ich kann die Empörung gut nachvollziehen. Den Sprung verkürzen, leuchtet mir absolut ein. Ich find´s auch entspannter und schöner, wenn der nicht (fast) den ganzen Tag einnimmt. Aber wie man das jetzt umgesetzt hat, das ist schon sehr Altherren-Style. Mann tut so, als wäre man eine Enklave des letzten Jahrtausends. Mobilität ist noch nicht erfunden, die Stände bestehen ungerührt, man ist umgeben von unbezwingbaren Mauern, und die Tore öffnen sich nur ganz speziell Geladenen. Da ist dann viel Willkür am Werk - was immer ein probates Mittel ist, um ein wenig Unfrieden zu schaffen. Schon beim Mitgliedsantrag entscheiden unter Umständen Nachname, Stammbaum und Formuliervermögen mit. Wer nicht aktuell in der Stadt lebt und das schon seit Längerem tut, begründet seinen Bezug zur Stadt. Das zu formulieren fällt dem einen leichter, dem andern schwerer; mit dem dahinterstehenden Gefühl kann es ganz anders aussehen. So wurden durchaus Leute abgewiesen, die Bezug haben. Wenn von einer Mitgliedschaft die Berechtigung zur Teilnahme am Narrensprung abhängt, meine ich, täte man gut daran, die Latte nicht zu hoch zu hängen.

Die Vergabe der Karten an Nichtmitglieder lief, so stellt sich mir das dar, unterirdisch. Ich verstehe nicht, weshalb man nicht einfach eine ordentliche Vorverkaufsstelle eingerichtet hat, in einem Laden, wo keiner fragt, wer man ist, woher man kommt, mit wem man verbandelt ist, die ganze Rottweil-Litanei. Narrenkarten für Nichtmitglieder gab es bei Zunftvorständen, die dann offenbar nach jeweils eigener Fasson entschieden, welcher „Bezug zur Stadt“ ihren Ansprüchen genügte und welcher nicht. Mir stellen sich leicht die Nackenhaare. Es gab Listen, auf die es nur Insider schafften, welche das ganze Kontingent dann abschöpften und Listen, von denen man erst erfuhr, wenn alles schon vergeben war. Ich kenne eine Frau, die für ihre Verwandtschaft Narrenkarten besorgt, jedes Jahr. Die Familie ist groß, die Kinder erwachsen, und viele hat es anderswohin verschlagen. Aber zur Fasnet kommen sie heim und haben auch unterm Jahr den Bezug nicht verloren. Ich kenne diese Frau als besonnen und nicht zu denen gehörend, die übertreiben, damit sie einen Grund haben sich aufzuregen. Das sei vorweg festgestellt. Elf Kontakte hat sie geknüpft, um die Karten zusammen zu bekommen, und Rede und Antwort gestanden, und gehört, wer alles nicht in Rottweil narren sollte - sowieso eigentlich nur die Rottweiler. Die Frau entgegnete „wer da zur Fasnet kommt, der hat doch aber Fasnetsbezug, hat hier gewohnt, ist hier aufgewachsen, hat Familie und Freunde hier“, und sei es auf dem Friedhof. Galt nicht. Dann „Eure Kinder wohnen doch auch anderswo und kommen an der Fasnet heim zum Narren.“ Schweigen. Bei Parolen wie „Italiener müssen auch nicht ins Kleidle“ war ihr nach aufstehen. Da wird’s dann eklig. Aber sie hatte die Karten noch nicht. „Das sind Rottweiler, die mittlerweile in 3. Generation hier daheim sind!“ Es anders zu sehen ist tradierte Fremdenfeindlichkeit, würd ich mal behaupten.

Es ist kein kindisch-beleidigtes Geheul im Sinn von „die sind gemein, die lassen uns nicht mitspielen“, wenn man sich darüber empört. Das kommt schon sehr elitär, anmaßend und gemauschelt daher.  

Sowieso – diese Phobie: es darf viel passieren in der Welt, aber Narren hat fehlerfrei zu erfolgen! Es gibt Familien, die haben in der Tat eine solche Tradition im Narren, dass keine unterlaufen. Schätze ich mal. Wer aus der Wiege raus mitgenommen wird, der weiß, wie´s läuft. Aber das kann doch nicht Standard sein. Eine gewisse Fehlertoleranz muss schon drinliegen. Eigenverantwortliches Lernen kommt doch gar nicht ohne aus, oder.

„Es braucht keine Teilnahme am Sprung, narren kann man auch außerhalb“, wird immer wieder gerne vorgehalten, wenn es um restriktive Sprung-Regeln geht und darum, dass die Zunft nicht der Buhmann der Zu-kurz-gekommenen sein will. Und das ist natürlich wahr. Aber es ist auch nicht die ganze Wahrheit – die das sagen, wissen selbst am Besten um den zentralen Stellenwert des Narrensprungs und um dessen taktgebende Wichtigkeit. Diese ganzen Fasnetstage sortieren sich ja darum. Aber was weiß ich schon. Was Tradition ist und was nicht, da gibt es in der Zunft so etwas wie ein päpstliches Unfehlbarkeitsgebot. Dabei ist weiß Gott nicht jede Tradition schützenswert und muten manche Regeln mich auch eher nach Besitzstandswahrung an. So kann ich nicht verstehen, weshalb normale Narren limitiert und verteilt werden können, Rössle aber nicht. Weshalb haben nur neun Rösslegespanne Plaketten und dürfen am Sprung narren, und die andern sind vielleicht genauso „original“-getreu und die Treiber können auch klepfen und das Rössle treibt auch um und sie dürfen aber nicht? Und da kann auch nicht abgewechselt werden, weil Tradition heißt „immer dieselben!“ ?  Naja.

Am Samstag die Narrenkleidle bei den Eltern geholt und alles gerichtet. Unterm Jahr hatte ich mal eine günstige Stunde genutzt, beherzt einen Schrank leergeräumt und ihn zum Narrenschrank umfunktioniert. Alles hatte ich nicht gefunden, und es musste ja schnell und heimlich gehen, weil halt auch Sachen entsorgt werden müssen, Sachen, die niemand je vermissen würde, die im Moment des Fortgebens aber ungeheuer wichtig sind. Trotzdem war ich mir an diesem Samstagnachmittag sicher gewesen „das haben wir heut alles schnell beisammen“. Dann fehlten Larve und Riemen fürs Fransenkleidle. Wir begannen zu suchen. Es gibt sehr viele Schränke, Regale und Zwischenböden. Opa ging erst mal in den Keller, ich verstand nicht weshalb. Er kam wieder mit Lättle und Bockleiter, legte das Lättle auf die Stufe und stellte die Leiter so darauf, dass die mit einem Bein in der Luft hing und oben am Zwischenboden auflag; da zwei Millimeter nach oben und unten und es wäre der Sturz ins Nirwana gewesen. Bis ich dazukam, war er schon hinaufgestiegen. Mir wurde ganz blümerant, ich bezog schnell Stellung. Er hat alles gefunden, aber ich habe gesagt „da kommen sie nie wieder hoch!“. Sah er dann auch ein.

Abends mit der Freundin gediegen durch die Kneipen gezogen, eine Bekannte getroffen, die erzählt, sie hat vom Tierheim keine Katze bekommen, weil sie die 60 schon geknackt hat. Finde ich einen Hammer. In einer anderen Kneipe mit einem Typen aus Kroatien geredet, der seit 7 Jahren in Deutschland sei, erstaunlich wenig Deutsch spricht, aber sagen kann, dass er heiraten will. Nein, ich selbst bin nicht verheiratet, und das soll auch so bleiben. Danke fürs Gespräch. Zeitig die Kurve gekriegt heimzugehen.

Am Sonntag die Kinder zum Umzug geholt. Wir waren wie in früheren Jahren wieder als Bajassgruppe unterwegs, immer in ein bisschen neuer Zusammensetzung, immer wieder lustig. Diesmal vorab zum gemeinsamen Maultaschenessen ins Schwarze Lamm. Ich hatte mehr Sekt als Bonbons eingepackt und konnte mit dem einen großzügig sein und musste mit dem anderen sparen. Egal. Die Kinder haben´s ausgeglichen.

Opa sagte am Ende auf dem Friedrichsplatz „das war vielleicht der letzte Narrenmarsch, den ich getanzt habe“, und mir wurde flau im Magen. Hinterher zu wissen, es war etwas das letzte Mal gewesen, ist das eine. Im Moment Abschied nehmen für die Ewigkeit das andre. „Wenn du vorsichtiger bist und nicht so halsbrecherisch irgendwelche klapprigen Leitern hochsteigst, kannst du noch oft dabei sein!“

Wir wollten uns Montag wieder sehen, mit Oma, für die die Frage nach dem letzten Mal Tanzen und Jucken bereits beantwortet ist, und für die ich nur hoffte, sie möge dieses eine Jahr wenigstens nochmal den Sprung sehen.

Am Montag also narren. Wir haben mittlerweile eine prima Routine, und das Anziehen klappte wie am Schnürchen. Mein Narrenbuch war fertig und die Schnupfdose passend zum Text gefüllt. Narren ist immer schön, bei so einem Wetter ist es fantastisch, das Humpeln die Stadt nab, das Aufsagen, sogar das Warten in der Grafengasse. Meine Cousine schrieb, wo sie steht und schickte ein Foto – mein Vater hatte es tatsächlich geschafft, die Mutter in Auto und Rollstuhl zu mobilisieren und mit ihr zum Sprung zu kommen. Ich jubelte unter der Larve, kam zum Aufsagen und erfreute mit dem Narrenbuch. „Hast gut gemacht, Narro“, sagte meine Mutter, die vielleicht nicht mich erkannte, wohl aber ihr Kleidle. Die Cousine lebt im Nordschwarzwald, wo meine Familie herkommt und war vor vielen vielen Jahren als Kind mal bei der Fasnet gewesen, in einem der ersten Jahre, die wir in Rottweil lebten. Sie kam ein altes Trauma aufzuarbeiten: als damals an der Seehalde die Rösser ins Publikum durchgingen und zwei Geschwister starben, waren wir ganz in der Nähe. Ich selbst kann mich daran nicht erinnern, ich war noch zu klein. Sie aber hatte, seit sie selbst Mutter war, einen Film im Kopf, den sie lange nicht zuordnen konnte, nach vielem Rumfragen dann doch, und jetzt also kam sie zu gucken, ob die Bilder im Kopf mit den örtlichen Gegebenheiten übereinstimmten. Später schrieb sie, dass sie das tun. Ich wünsche von Herzen, die Bilder mögen sie nun wenigstens nicht mehr beunruhigen. Dann hätte die Fasnet, die den Schock schuf, ihn wenigstens auch wieder geheilt.                                                         

Was für eine Tragödie. Zwei kaum gelebte Leben. Heute würde man vielleicht eine Gedenktafel anbringen.

Die Kinder waren müde und gingen heim, ich blieb auf der Straße, genoß den Trubel und das Singen  und besuchte ein paar Narrenstuben. Auf mein erstes selbstgemaltes Narrenbuch bin ich zum Platzen stolz. Das Aufsagen habe ich geübt, und es lief wie geschmiert. Und so war es auch anderntags, und da streifte ich noch eine Weile alleine durch die Gassen, die Larve war unten, und ich staunte, wie anders schön die Stadt mit diesem Blick ist. Alle, die mir begegneten, grüßten mich freundlich „Huhuhu“, ich grüßte zurück und war nicht ich, nicht Mensch im Kleidle, sondern der Narr und ich fand es ganz wunderbar. Ich blieb mal stehen um zu fotografieren, vergaß im Weiterlaufen den Stock, und so ergab sich die Absurdität, dass der Schantle erst freihändig eilte und dann mit Stock weiterhumpelte.

Schließlich ging ich heim, zog mich um, und ging zusammen mit den Kindern in Zivil nochmal raus, zum zugucken, singen und feiern in der Sonne. Jemand nannte es „ein Sommermärchen“, und das war es irgendwie auch.

Und dann ist es halt doch vorbei. Dieses Jahr wieder mit dem schönen Abschluß am Rathaus, wenn die obere Hauptstrasse voller Menschen ist und alle gemeinsam juchzen, jucken und schunkeln. Der „lange Mah“ schien beim Dirigenten der Stadtkapelle eine Zugabe auszuhandeln. War ich völlig d´accord. Das Mädel weinte bitterlich. Ein Jahr Warten ist eine Ungeheuerlichkeit, wenn man klein ist. Mein Versuch des Tröstens „das Jahr wird voller schöner Erlebnisse sein“ verfing nicht. Sie fuhr zum Papa, ihren Ausklang dort erleben, ich erlebte ihn in kleiner, ruhiger Runde, den letzten Narrenmarsch um Schlag Mitternacht gesungen – ich hörte nur zu. Die zweite Strophe kann ich nicht auswendig. Sie hat schon was Ergreifendes. „Und selle alte Leut dert drübe, hei, die freut es Lebe wieder“. Und so hoffe ich sehr, dass meine sich auch das nächste Jahr wieder freuen. Jetzt hängen die Kleidle noch bei uns herum. Hier und da muss man richten und anpassen, und dann muss im Häusle der Eltern ja erst noch ein zweiter Schrank leergeräumt werden, diesmal nicht heimlich, sondern ganz offiziell. Es goht dagega.

 

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