Ich war unterwegs bis spät in den Abend und hab begleitet und geleitet, organisiert, sortiert und geschleppt, gesucht, gefunden, mich gefreut und schließlich – war bitter nötig - gebadet. Es war längst dunkel. Und dann lieg ich in der Wanne, die Ohren im
es röhrt und jault, knattert und wummert, ein Poser fährt durch die Strasse. Wir wohnen im 3. Stock. Es hört sich an, als wäre es vor dem Fenster. Meine Musik höre ich nicht mehr.
Schon krass. Ich meine, ich will ja den Spaß gönnen. Wir wohnen in der Partymeile, also was soll das. Die Partymeile selbst hört man allerdings weit weniger, als man vermuten würde. Wenn ich es aber doch mal sattsam höre, weil man es irgendwo richtig krachen lässt, dann stört es mich nicht. Aber dies Röhrenlassen. Was ist denn da die Party? Das Lautsein? Das kommt daher wie ein Stinkefinger. „Mir sind Eure Ohren und Nerven egal.“ Es sind die Katzen schon in Panik vom Fensterbrett gesprungen. Wir sind alle schonmal aus dem Halbschlaf aufgeschreckt. Es dröhnt noch in der Wanne die Ohren zu, dass nichts mehr geht.
Und da fällt mir ein, wie ich heute Mittag auf dem Heimweg in der Innenstadt mit dem E-Roller unterwegs war – das Rad ist seit Wochen in der Werkstatt und eigentlich nervt´s mittlerweile -. Die Hochmaiengasse entlang, an der Musikschule vorbei, hinter mir ein Auto, ich denk, „das biegt gleich ab in die Blumengasse“, aber das tut es nicht, es ist weiter hinter mir, ich will die Hände nicht vom Roller nehmen, auf Pflaster fährt es sich nicht gut, und ja, ich weiß, eigentlich soll man in der Fußgängerzone sogar Rad und Roller schieben, aber der Roller schiebt sich noch blöder als er sich über Pflaster fahren lässt – wohlgemerkt, es ist kein so ein robustes komfortables Mietmodell, sondern ein privater Roller, mit kleinen Rädchen - und ich bin echt langsam und mir des Umstands wohl bewusst, dass Passanten absolut Vorrang haben und Frechheit nicht siegt, sondern sich rechtfertigen muss und das nur kann, wenn sie sehr vorsichtig und nicht doof ist. Und da ist hinter mir also nochmal jemand frech, geht für mich soweit in Ordnung, und ich guck kurz ob es Polizei oder Lieferdienst oder irgendsowas ist, das ist was anderes, aber es sieht nach normalem PKW aus, und also ist es ein Bruder im Geiste, und ich fahr weiter, langsam, wegen der Pflastersteine, und weil Leute unterwegs sind, und biege an der Oberen Hauptstrasse links ab und staune, das Auto folgt mir. Der ist noch viel frecher als ich. Ha! Und weil ich eh so langsam bin und das Pflaster so holpert und der Akku eh fast leer ist, schieb ich halt doch. Durchs Tor kommt mir eine Frau mit Koffer entgegen. Und dann hupt es hinter mir, und das finde ich dann schon sehr dreist, und ich dreh mich um und der Beifahrer in dem PKW gestikuliert und regt sich voll auf. Es sieht so aus, als wollten sie mich übern Haufen fahren und ich gehe schnell zur Seite. Er fährt vorbei und gestikuliert, und ich beeil mich dann auch, beuge mich nach vorne, erwische das hintere Fenster, klopfe, bedeute, das Fenster runterzulassen. Gehe einen Schritt hin. „Hier ist Fußgängerzone.“ Ich bin betont freundlich. Die Frau am Steuer guckt etwas angestrengt, der Typ auf dem Beifahrersitz geht ab. Sie führen nun schon 500 Meter hinter mir. Was das soll. Eine andere Passantin sagt „Sie dürfen hier nicht fahren“, und er wiederholt, ich sei voll lahm und solle zur Seite. Die Frau mit dem Koffer hat sich neben dem Auto vorbeigeschoben, und ich sage nochmal „das ist Fußgängerzone“ und er schimpft, was mit mir nicht stimme, und er hätte ein kleines Kind. Und damit fahren sie weiter.
Ich weiß nicht recht, was das Kind damit zu tun hat. Ist es ein Notfall, und er muss in die Notaufnahme? Dann hätte er einen ungeschickten Einstieg gewählt, dann wäre zuerst das Allerwichtigste zu sagen „sorry Notfall“ - und schwups, springen alle zur Seite. Aber das war es wohl nicht. Was will er dem Kind beibringen? Das Auto hat immer Recht? Wenn Papa sich aufregt, stimmt mit anderen was nicht? Fußgängerzonen sind die Gebiete, in denen man Menschen aus der Nähe sieht? Ich habe keine Ahnung.
Die andere Passantin sagt "dieser aggressive Umgang, diese Rücksichtslosigkeit - es wird immer schlimmer", und ich selbst wundere mich über was anderes:
Dieser Autofetischismus. Der ist echt schräg. Ich versteh´s insofern, als Autofahren Spaß macht. Aber so ein Heiligtum und Privileg draus zu machen - das ist abgefahren.