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Herbstfest

copyright Rottweil ist überall

Ich mag meinen Job. Naja, fast immer. Fast! Mal piesakte es schon hier, mal holperte es da – ich nehme an, das ist so, egal, was man wo tut.  Mal ging ich schon fröhlich hin und verstimmt heim, mindestens genauso oft war es aber auch anders herum. So alles in allem meine ich das große Los gezogen zu haben. Von all den Jobs, die´s bis jetzt gab, ist das einer der besten.

Diese Woche hat es mir besonders gefallen.

Es war Herbstfest im Pflegeheim. Es ist ein psychiatrisches Pflegeheim für Männer und Frauen zwischen 30 und hochbetagt. Im Grunde ist es wie ´draußen´ auch – jeder ist in seinem eigenen Film, jeder hat seinen eigenen Vogel, nur krasser. Im Festsaal wurde geladen zu Apfelschorle, Eis, Salzbrezeln und Tanz. Ein singender Wirt hatte eine stattliche Playbackanlage aufgebaut. 

Ich habe mich in Diskotheken aufgehalten, war auf Konzerten, bei Partys und Festivals - überall, wo getanzt wird. So was wie da habe ich noch nie erlebt. Nicht die winzigste Spur von Herumlungern um die Tanzfläche, nicht das geringste Zögern ´wer tut den ersten Schritt´.  Kaum hatte meine Chefin die Musik angesagt, und kaum hatte der Musiker auf ´play´ gedrückt und kamen die ersten Töne aus den Boxen, stand die Erste auf, und mit ihr der ganze Rest – alles, was sich irgendwie auf den Beinen halten konnte. Die Tanzfläche war nach den ersten zehn Takten voll. Was sich bewegen konnte, bewegte sich, klassisch in Formationspaartanz, oder sich einfach an den Händen haltend, und wenn es nicht aufging, dann bildeten sich Kreise zu dritt, viert, wie es sich ergab und passte, oder es bildeten sich lange Polonaisen. Rollstühle wirbelten umeinander, und wer sonst nicht aufstehen wollte oder konnte, schunkelte; kaum jemand, der still saß, und selbst die waren´s zufrieden.

Ein Bewohner, der im Rollstuhl mehr liegt als sitzt und nur noch schwer den  Oberkörper bewegen kann, war in Wacken und hob die Hände wie zu Nirvana. Udo Jürgens oder Kurt Cobain – wo ist der Unterschied. 

Singen kann er wirklich, der Wirt; souverän und mit beeindruckender Ausdauer schmetterte er Schlager um Schlager, und alle strahlten, alle waren dabei, viele sangen mit. Zwei Stunden lang, mit nur kurzen Rauch – und Trinkpausen. Chapeau.

Ich war das erste Mal dabei. Ich arbeite normal nur vormittags, was die Art der Tätigkeiten einschränkt. Auch in einem Pflegeheim tanzt man eher nachmittags. Es war ein ganz anderer Blick auf die Bewohner, ein ganz neues Erleben.

Nicht alle, aber viele sind schon sehr in ihrer eigenen Welt und nur wenig dem Außen zugewandt, und wenn, dann schnell überfordert davon. Man will sie im Diesseits halten. Weil es meist nicht so toll ist für den, der sich im eigenen Innern verirrt. Und man will Bindungen schaffen, halt so was ganz normales, von ´Mensch zu Mensch´, dass eben NICHT jeder so ganz für sich in seinem eigenen Film spielt.  Man will Wege in die Welt ebnen.

An diesem Nachmittag taten sich völlig neue, ungeahnte Pfade und (Zu-)Gänge auf. Ein großes fettes WOW.

Nach den Maultaschen leerte sich der Saal bald,  nur ein paar Bewohner waren noch da und wir vom Personal, die die Tische abräumten. Und ich dachte, das war es nun. Feierabend. Aber dem aus Wacken fehlte was. Er begann zu singen, und schnell verstanden singender Wirt und erfahrenere Kolleginnen, was er sang, und also sangen alle mit und der Wirt drückte nochmal auf ´play´. Sierra madre. Ein letzter Kreis, eine letzte Runde.

Das war hammermäßig. Klasse. Das waren good vibrations!

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